weltraumStudentin der Fachhochschule Südwestfalen bereitet Weltraumexperiment vor / Durchführung voraussichtlich nächstes Jahr
Iserlohn. Im Auto. Auf dem Weg zum Flughafen: „Du hast doch an die Flugtickets gedacht, oder?“ Umkehren wäre jetzt schwierig. Aber möglich. Im Spaceshuttle. Auf dem Weg zur Internationalen Weltraumstation. Oder zum Mars: „Du hast doch alles für unseren Bakterien-Versuch dabei, oder? Umkehren ist jetzt unmöglich. Kaum etwas muss so akribisch vorbereitet werden, wie eine Mission ins All. Alle, aber auch wirklich alle Eventualitäten müssen mitgedacht werden. Was die Fachhochschule Südwestfalen damit zu tun hat? Das erzählen Johanna Piepjohn und Prof. Dr. Kilian Hennes.
Bild: Die Iserlohner Studentin Johanna Piepjohn hat einen Weltraumversuch vorbereitet, der im kommenden Jahr auf der ISS durchgeführt wird. Betreut wurde ihre Arbeit von Prof. Dr. Kilian Hennes. Foto: FH Südwestfalen

Johanna Piepjohn hat kürzlich den Masterstudiengang Life Science Engineering an der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn abgeschlossen. Das ist ein Verbundstudiengang. Wer einen solchen Studiengang studiert, ist in aller Regel parallel berufstätig. Johanna Piepjohn arbeitet in der Arbeitsgruppe Astrobiologie am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. Das wiederum ist angesiedelt am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Für ihre Masterarbeit hat Johanna Piepjohn ein Weltraumexperiment geplant. Es geht darum, zu untersuchen, welchen Einfluss die Schwerelosigkeit auf die Konjugation von Bakterien hat. Stichwort Antibiotikaresistenz. Das Experiment wird voraussichtlich im kommenden Jahr durchgeführt. Von Astronauten. Auf der Internationalen Raumstation ISS. Betreut und unterstützt wurde die Masterarbeit von Prof. Dr. Kilian Hennes vom Fachbereich Informatik und Naturwissenschaften der Fachhochschule und Dr. Petra Rettberg, Leiterin der Astrobiologie am DLR.

Bakterien stehen auf Austausch. Unwissenschaftlich ausgedrückt: Treffen sich zwei, dauert es nicht lange und sie übertragen für sie vorteilhafte Eigenschaften aufeinander. Johanna Piepjohn erklärt es wissenschaftlicher: „Man nennt das Konjugation. Bakterien übergeben über ihre Plasmide bestimmte genetisch kodierte Eigenschaften. Im Fall unseres Experiments geht es um Antibiotikaresistenz und die Frage, wie sich diese in der Schwerelosigkeit des Weltraums überträgt.“ Auf der Erde geschieht die Weitergabe der Resistenz ziemlich schnell. Dauert es im All länger? Oder geht es vielleicht sogar noch schneller? „Genau das wollen wir klären“, antwortet Johann Piepjohn.

Eine Weltraummission ist ein technisches und logistisches Meisterwerk. Alles muss funktionieren. Millionen technische Abläufe müssen zeitlich passend ineinandergreifen, damit die Rakete abhebt und das Shuttle letztlich da ankommt, wo es ankommen soll. Sollbruchstellen gibt es viele. Aber eine Schwachstelle übersieht der Außenstehende dabei oft. „Den Menschen“, erklärt Prof. Dr. Kilian Hennes, „der Mensch ist die Schwachstelle der Raumfahrt. Ist er krank, funktioniert nichts mehr richtig, ist die Mission zum Scheitern verurteilt. Das ist genau so ein Risiko für die Mission, wie als würde die Rakete explodieren.“ Astronautengesundheit sichert also den Erfolg einer Allexpedition. Das gilt besonders für Flüge zur ISS. „Dort bleiben die Astronauten länger und auf engem Raum zusammen. Es macht also einen Unterschied, ob beispielsweise Antibiotikaresistenzen schneller übertragen werden können als auf der Erde“, erläutert Kilian Hennes.

Astronauten gibt es allerdings nicht viele. Rein rational betrachtet: Wiegt die Erhaltung ihrer Gesundheit diese  Forschungsinvestitionen auf? „Auf jeden Fall“, antwortet Johanna Piepjohn energisch, „es geht ja nicht nur um die Astronauten selbst. Wir forschen für die gesamte Menschheit. Irgendwann werden vielleicht mehr Menschen im All unterwegs sein. Vielleicht auf Mars-Mission. Dann aber ist es zu spät für Grundlagenforschung. Wir brauchen die Ergebnisse vorher.“

Besonders wichtig für das Gelingen des Experiments ist eine akribische und vor allem weitsichtige Planung. Astronautenarbeitszeit ist teuer. Mögliche Probleme müssen im Voraus erkannt werden. Alles muss an Bord sein. Umkehren ist nicht. Wie also bereitet man einen solchen Allversuch vor? Schließlich ist es wahrscheinlich nicht damit getan, Bakterien zusammenzubringen und einfach nur zu beobachten, was passiert. „Im Grunde entspräche das dem optimalen Verlauf“, erklärt Johanna Piepjohn. „Meine Aufgabe war es, den Versuch so optimal vorzubereiten, dass im All praktisch nichts mehr schiefgehen kann. Die Astronauten bekommen eigentlich nur eine Box, die sie dann in das Gerät stellen und auf Start drücken. Die Box wird auf der Erde gepackt und ermöglicht eine automatische Versuchsdurchführung.“

Das Experiment wird dann live nach Köln ins Zentrum für Luft- und Raumfahrt übertragen. Die Versuchsparameter werden in Echtzeit abrufbar sein. Die Wissenschaftler werden das Experiment beobachten und mit den Astronauten in Kontakt stehen. Schneller oder langsamer, das ist dann die Frage? Schaffen die Bakterien die Weitergabe der Resistenzen schneller als auf der Erde? Johanna Piepjohn hat eine Vermutung: „Ich wäre sehr überrascht, wenn gar keine Konjugation stattfindet, vermute, dass sie schneller läuft als auf der Erde“. Aber sicher ist sie nicht. „Schließlich ist das neu.“ Wichtiger als das Ergebnis ist Johanna Piepjohn aber wahrscheinlich, dass das Experiment gelingt. Dann hätte sie ihre Mission erfüllt.
Quelle: Fachhochschule Südwestfalen

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